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Freitag, 14. Juli 2017

Pakistan zelebriert das Kastenwesen: Nichtmoslems werden systematisch zur Arbeit im Sanitärbereich gezwungen

Irfan Masih: Pakistani, Christ, Kanalisationarbeiter, Arbeitsverletzung, tot
Für www.HumanRights.asia, 11. Juli 2017

In Pakistan findet sich ein Akt der offenen Diskriminierung gegen die christliche Minderheit Pakistans und eine Verletzung von Artikel 27 der Verfassung, da die städtische Gesellschaft von Hyderabad ausschliesslich Nichtmoslems für Putzarbeiten sucht. Hinzu kommt, dass die Bewerber einen Eid auf ihr religiöses Buch - also die Bibel - ablegen müssen und in dem sie schwören, dass sie nie als etwas anderes denn als Putzkräfte arbeiten werden und auch nie die ihnen gegebene Arbeit verweigern.

Es ist nicht das erste Mal, dass Artikel 27, in dem die Rechte von Angestellten im Dienstleistungssektor geschützt werden, so offen missachtet wird. Der Staat versucht in systematischer Weise für Putzarbeiten nur Nichtmoslems einzustzen. Am 18. September 2015 gab es eine Stellenausschreibung durch das Mani Banhauddin, dem wichtigsten Provinzkrankenhaus im Punjab, in der 10 Mitarbeiter gesucht wurden, für die ausschliesslich Minderheiten infrage kommen sollten. Auch das Lady Wellington Krankenhaus in Lahore gab eine ähnliche Stellenausschreibung heraus, als es für diese Arbeiten ausschliesslich "Nichtmoslems" suchte. Im Jahr 2015 schaltete das kardiologische Krankenhaus im Punjab in mehreren Zeitungen eine Anzeige, in der es hiess, dass "nur nichtmuslimische Personen, die Minderheiten angehören für die Stelle infrage kommen" für Sanitärarbeiten. Auch wenn die Anzeige später zurückgezogen wurde, so wurde öffentlich sehr deutlich gemacht, dass eine solche Arbeit unter der Würde der muslimischen Mehrheitsbevölkerung ist.

Diese Art Vorurteile gegenüber Nichtmoslems, und vor allem gegenüber Christen, hat geschichtliche Wurzeln. Vor Pakistans Unabhängigkeit waren diese niederen Arbeiten den Dalit Hindus vorbehalten. Als diese nach der Unabhängigkeit Pakistan aber in Scharen verliessen beschwerten sich die Moslems bei der Verwaltung darüber, dass es nicht mehr genügend Arbeitskräfte gibt für Putzstellen. Entsprechend wurden fortan christliche Konvertiten, die davor Dalit Hindus waren eingesetzt, um das Vakuum zu füllen. Ursprünglich sind die Dalit vom Hinduismus zum Christentum konvertiert, um der Diskriminierung durch das Kastenwesen zu entgehen, allerdings blieb das Stigma, nur für die Putzarbeiten da zu sein erhalten. Ihre Vergangenheit als Dalit ist nach wie vor ein besonderes Diskriminierungsmerkmal gegen Christen in Pakistan.

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Aufgrund des Mangels an politischem Willen, der christlichen Gemeinde aus ihrer Lage zu helfen sind die christlichen Putzkräfte, oder Chuhras wie sie vor Ort genannt werden, über Generationen dazu verurteilt, diese Tätigkeit auszuüben. Laut einer Umfrage durch eine Organisation, die sich der Hilfe für die diskriminierte Gruppe verschrieben hat "umfasst die christliche Bevölkerung in Pakistan 10,5 Millionen Menschen; von diesen sind aber nur 4% gebildet oder erhalten eine Bildung, 68% aller Christen sind arbeitslos." Darüberhinaus besitzen 81% der Christen kein Haus, 39% der Christen verdingen sich als Tagelöhner, 67% der christlichen Familien leben unterhalb der Armutsgrenzen, 29% der weiblichen Christen arbeiten als Hausmädchen und 65% der christlichen Männer arbeiten als Putzkräfte.

Während das Verhältnis von Christen zu Moslems, die als Kanalisationsarbeiter tätig sind bei 60:40 liegt, so hisst es seitens der meisten christlichen Kanalisationsarbeiter, dass ihre muslimischen Arbeitskollegen nach der Einstellung überhaupt nicht als solche arbeiten und sie die Christen diskriminieren. Es gibt auch keine Entschädigung, wenn ein christlicher Arbeiter stirbt.

Seit 1988 starben mehr als 80 christliche Kanalisationsarbeiter an den giftigen Dämpfen in der Kanalisation, wie es in einem Bericht der Kommission für Minderheitenrechte heisst. Der letzte starb im Juni 2017, nachdem er nach dem Einatmen giftiger Dämpfe ohnmächtig wurde und im Krankenhaus keine Behandlung erhielt. Irfan Masih reinigte gerade einen blockierten Abwasserkanal in der Sindh Provinz, als er von giftigen Dämpfen überwältigt wude. Der 30 Jahre alte Christ starb später im Krankenhaus, weil die Ärzte sich weigerten ihn zu behandeln, weil gerade Ramadan war.

Seit 2013, nachdem der erste Minister der Khyber Pakhtunkhwa Provinz sich öffentlich entschuldigte, weil er sagte, dass "Moslems nicht als Kanalisationsarbeiter oder Putzkräfte eingesetzt werden können", weil diese Arbeiten "nur von Christen, Hindus oder Angehörigen niederer Kasten ausgeführt werden dürfen" zeigt der Bundesstaat eine harte Hand bei dieser Art der Diskriminierung. Trotzdem gab der Bezirk Banni in Nordwestpakistan im März 2017 eine Anzeige auf, in der Hindus, Christen und Schiiten gesucht wurden als Strassenfeger. Auch wenn die Behörden nun behaupten, dass "Schitten" nur versehentlich hinzugefügt wurden, so bleiben sie hart dabei, dass sie religiöse Minderheiten für die Stellen suchen würden.

Der Bildungsmangel unter pakistanischen Christen ist der Hauptgrund für ihr soziales und finanzielles Elend. Es ist auch der Grund, weshalb sie nur niedere Arbeitsstellen finden können.

Laut eines Berichts durch World Watch Monitor liegt der Anteil an Minderheiten im Sanitärbereich Pakistans bei über 80 Prozent. [..]

Während viele muslimische Pakistanis im Ausland niedere Arbeiten erledigen, so ist dies nur selten der Fall in ihrem Heimatland. Die Einstellung ist, dass es nur deswegen Christen in Pakistan gibt, damit sie hinter den Moslems herputzen. Wie kann man nur Größe von einem Land erwarten, das nicht einmal weiß wie mein seine Strassen sauber hält und das seine Putzkräfte wie Untermenschen behandelt?

Es darf dabei nicht vergessen werden, dass die christliche Gemeinschaft Pakistans mehrere beendruckende Persönlichkeiten hervorbrachte, wie etwa Richter Cornelius und die Menschenrechtsaktivistin und Minderheitenministerin Shebaz Bhatti. Ihre Leistungen im Bereich der Bildung und Gesundheit haben dafür gesorgt, dass vielen Pakistanis Gesundheits- und Bildungsdienstleistungen zu einem guten Preisleistungsniveau zur Verfügung stehen. Die christliche Gemeinschaft spielte auch bei der Freiheitsbewegung eine wichtige Rolle, aber all diese Leistungen werden von einem theokratischen Staatswesen beiseitegewischt, das sich durch nichts beirren lässt, seine eigene Version des politischen Islam umzusetzen.

Die pakistanische Regierung muss damit aufhören, religiöse Minderheiten in erniedrigende Tätigkeiten zu drängen. Sie sollte auch daran arbeiten, die Gesellschaft zu sensibilisieren und die Voraussetzungen für eine pluralistische Atmosphäre der Gleichberechtigung schaffen, in denen die Rechte der Minderheiten geschützt werden. Es ist äußerst wichtig für ein starke Pakistan, dass alle Bürger unabhängig von Kaste, Farbe, Ethnie und politischer oder religiöser Bindung vor dem Gesetz gleich behandelt werden. Vor allem die Regierung im Punjab muss sofort ihr Diskriminierungspolitik gegenüber die bedrängte christliche Gemeinschaft beenden.



Im Original: PAKISTAN: Non-Muslims forced to do sanitary work
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